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Achtung vor der Überbewertung von Smartvote

Heute bin ich mit dem Zug nach St. Gallen gefahren an die „20 Jahre Oikos Feier“. Oikos ist die studentische Umweltökonomische Initiative der Uni St. Gallen (HSG) an der ich sehr aktiv war. Der emeritierte Professor Binswanger hat über sein neues Buch, die Wachstumsspirale gesprochen, indem er den Wachstumszwang der Wirtschaft erklärt.

Im Zug fuhr ich mit einem HSGler, der auch Oikosianer war, aber einige Jahre nach mir abgeschlossen hat. Er sagte mir, dass er mich nicht gewählt hatte weil ich nicht auf den ersten 30 Plätzen bei Smartvote erschienen bin.
Ich war paff, denn wir hatten in vielen wichtigen Fragen absolute Übereinstimmung. Wie ist das möglich?

Smartvote hat einige systemische Schwächen:

a) Die Kandidaten können die Fragen nicht gewichten, die Suchenden jedoch schon. Dies führt dazu, dass Kandidaten begünstigt werden, die häufiger „ja“ oder „nein“ angegeben haben, gegenüber denjenigen, die häufiger „eher ja“ und „eher nein“ angaben. Problem bei den Fragen ist aber, dass man diese nicht immer mit Ja oder Nein beantworten kann.

Ein Beispiel: Bei der Mehrwertsteuer gelten heute drei verschiedene Steuersätze und diverse Steuerbefreiungen. Sollen ein einheitlicher Mehrwertsteuersatz eingeführt und die Befreiungen abgeschafft werden? Hier habe ich zum Beispiel ein eher Nein angeben. Dies um einer Differenzierten Haltung Ausdruck zu verleihen, nämlich, dass ich für eine deutliche Vereinfachung eintrete, aber einen reduzierten Tarif für Grundgüter befürworte. Ich konnte nämlich nicht anworten a) ich bin für eine Vereinfachung mit zwei verschiedenen Tarifen. Zudem bin ich dezidiert gegen eine Sanierung der IV über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer.
Extremmeinungen und undifferenierte Meinungen werden bevorzugt bei Smartvote aufgrund der Wichtigkeit.

b) Bei Smartvote kann man nicht ablesen, ob eine Kandidatin oder Kandidat auch fähig wäre für ein Anliegen Mehrheiten zu beschaffen. Dazu muss man sich genauer mit der Person befassen. Politik ist aber genau das Geschäft, mehrheitsfähige Lösungen zu finden.

c) Bei Smartvote weiss man nicht, ob dies die Meinung der Person ist (und ob er/sie überhaupt fähig ist dazu, eine eigene Meinung zu haben) oder einfach der entsprechenden Parteiempfehlung abgeschieben ist. Alle Parteien haben Antwortempfehlungen für ihre Kandidaten herausgegeben.

d) Smartvote hat keine über alle Zweifel erhabene Auswertung. Zum Beispiel komme ich bei einem guten Bekannten von mir auf Platz 90. Balthasar Glättli und Niggi Scherr kommen bei ihm auf Platz 2 und 3. Diese beiden sind wiederum meine politischen Zwillinge und kommen bei mir ebenso auf Platz 2. und 3. (Auf Platz 1 ist bei mir Chrigi Hug von den Jungen Grünen). Was ist da falsch?

Also Vorsicht bei der Interpretation von Smartevote bitte.