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Weichenstellung in der Immobilienpolitik – Wo-Wo-Wohnigä

Wo-Wo-Wonigä – so skandierten wir Anfang der 90er-Jahre angesichts der Wohnungsnot in Zürich.

Strukturwandel im Immobilienbereich
Heute ist es wieder so weit. Nur – heute ist alles anders.
Während in den frühen 90er-Jahren die blanke Spekulation zuschlug, wo Kreti und Pleti mit Immobilienkäufen und Verkäufen haufenweise Geld verdienen wollten, brachte die Hochzinspolitik der Nationalbank die Blase zum platzen. Der Bund führte unterdessen via Notrecht eine Sperre von Verkäufen ein – Haltedauer mindesten 5 Jahre.
Seit dem Jahr 2000 hat sich jedoch der Immobiliensektor tiefgreifend strukturell verändert. Der Immobilienmarkt hat sich seither professionalisiert, institutionalisiert und globalisiert. Neue Akteure sind auf den Markt getreten (Immobilienfonds, börsenkotierte Immobiliengesellschaften, Auslagerung von Immobilien in AGs z.B. Swisscom, SBB). Milliarden sind nach dem Crash 2001 und dem 2008 in den Sektor verschoben worden. Neue Rechnungslegungsvorschriften (Verkehrswert statt Anlagewert) setzen die Immobilienbesitzer wie Pensionskassen unter Rendite-Druck. Kurz – die Immobilie hat sich tiefgreifend von der Wertanlage zur Ertragsanlage gewandelt.

Auch auf Nachfragerseite hat sich die Situation strukturell gewandelt. Die seit den 90er-Jahren zunehmende Einkommensschere zeigt ihre Spuren. Immer mehr MieterInnen lasen sich finden, die ohne Weiteres 5’000.- Franken und mehr für eine 4-Zimmerwohnung zahlen können. Durch zahlungskräftige Zuwanderung wird dies noch verstärkt.

Horrende Preise
Folgen: Die Immobilienpreise steigen und steigen – mit ihnen die Mieten. In gewissen Quartieren Zürichs haben sich die Mieten innert wenigen Jahren verdoppelt. Gift für die Wirtschaft und das Zusammenleben in den bisher durchmischten Quartieren.
Die Situation ist derart schlimm, dass sagar der bürgerlich wählende Mittelstand auf die Strasse geht. Auch das ein deutlicher Unterschied zu den 90ern.

Fertig Schluss.
Dass eine Hochzinspolitik (7%) diesem Treiben ein Ende setzt, ist sehr unwahrscheinlich. Zu hoch ist, im Gegensatz zu den 90ern, die Verschuldung. Der Staat ist zudem daran interesiert mit Inflation seine nominellen Schulden wegschmelzen zu sehen und die Konjunktur soll durch hohe Zinsen nicht abgewürgt werden.
Deshalb muss radikal gehandelt werden, weil zuwarten nichts bringt. Die einfachste Methode ist dabei, die Immobilien (oder das Produktionsmittel Boden) an sich zu nehmen und der Spekulation und den renditetreibenden Sachzwängen zu entziehen. Echte Kostenmiete ist das Vernünftigste, was es zu Bodenpolitik zu sagen gibt.
Deshalb habe ich im Gemeinderat ein Vorstosspaket eingereicht, das einerseits die gemeinnützigen Genossenschaften stärkt und die „Stiftung zur Erhaltung von preisgünstigem Wohn- und Gewerberaum“ (PWG) wieder marktfähig (denn sie kann heute bei diesen Preisen nicht mehr mithalten auf dem Markt) und expansionsfähig macht. 1990 wurde vom Stimmvolk der Stadt Zürich ein Kredit von 100 Millionen Franken gesprochen für Abschreibungen auf zu teuer erworbenen Immobilien durch die Stadt. Von diesen sind 70 Millionen Franken noch nicht gebraucht. Diese Abschreibungsbeiträge sollen tranchenweise der PWG zur Verfügung gestellt werden, um gezielt neu gekaufte Immobilien zu verbilligen. Zudem soll die PWG Anlaufstelle werden für Personen, die ihr Mehrfamilienhaus, in dem sie zur Miete sind, selber kaufen wollen. Diese Personen sollen fachliche Beratung erhalten und Teil- oder Vollfinanzierung durch die PWG. Zudem sollen Erträge aus Landverkäufen ausserhalb der Stadt (innerhalb verkaufen wir nicht) der PWG zur Erhöhung des Stiftungskapitals zufliessen.

Je länger wir warten, desto irreversibler wird dieser unerträgliche Prozess der Verteuerung unseres Wohnraums.
Auch wenn wir so keine Trendwende hinkriegen – retten wir noch was zu retten ist.

Hier mein Vorstosspaket:
sp-wohnpolitik-vorstosspaket_09-07-08