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Die Mär vom Rezept der Verdichtung

In der heftig geführten Wohn- resp. Bodenpolitik-Debatte wird von bürgerlicher Seite immer wieder das Rezept der Verdichtung aufgeführt. Man müsse nur mehr Bauen – also das Angebot erhöhen – dann würden die Mieten billiger.

Das Rezept der Vedichtung taugt jedoch in keiner Weise, das Problem der massiv steigenden Mieten und Immobilienpreise in den Griff zu bekommen.

1. Die Stadt Zürich ist ein klassischer Anbietermarkt. Das heisst, die Anbieter von Wohnungen bestimmen die Preise. Verzichtet der Vermieter oder Verkäufer nicht freiwillig auf maximalen Gewinn, so wird der Preis auf das am Markt zu erzielende Maximum ausgerichtet. Weitet man das Angebot also aus, hat dies also keinen Einfluss auf die Preise. Dass Zürich ein Anbietermarkt ist und seit Jahrzenten eine Übernachfrage mit einem andauernd tiefen Leerbestand (meist unter 0,5%) aufweist, wird von niemandem ernsthaft bestritten.

2. Ein höher und dichter Bauen hat nicht immer ein Mehr an Wohnungen zur Folge. Beim hohen Bauten hat es überpropotional viele Erschliessungsflächen und der Abstand zwischen den Häusern muss grösser sein. Das führt also nicht unbedingt zu einer höheren Ausnutzung. Ebenso kann Verdichtung zu weniger Wohnungen führen wenn grössere Wohnungen gebaut werden, die für Personen genutzt werden, die wesentlich mehr Wohnfläche pro Person verbrauchen.

3. Verdichtung bringt zwar die Preise nicht nach unten, kann jedoch mehr Steuerzahler (Falls obiger Mechanismus nicht spielt) pro Quadratmeter Grundfläche bringen – immerhin. In Zürich ist der Steuerertrag pro Quadratmeter Grundfläche im relativ dichten Kreis 4 am höchsten.

4. Verdichtung ist eine politisch heikle Sache. Alle sind zwar dafür – aber bloss nicht vor der eignen Haustüre. Gerade von Kreisen wie der FDP – wo Verdichtung am vehementesten gefordert wird, sind auch die meisten Klagen zu hören. Der Bau der dichten Siedlung Ringling wird von einem FDP-Mitglied bekämpft. Der FDP-dominierte Quartierverein Wollishofen wehrt sich gegen die beiden Türme der Helvetia-Versicherung etc. usw. Und Hand aufs Herz – würde man einem ein Hochhaus vor das Küchenfenster setzen, wer würde sich da nicht wehren? Gerade die EigentümerInnen protestieren oft, da eine (finanzielle) Aufwertung durch Verdichtung z.B. durch einen Arealüberbauungs-Bonus des Nachbargrundstücks immer mit einer Abwertung des eigenen einhergeht.
Für viele ist Verdichtung auch immer ein Ausdruck von Veränderung des Charakters unserer Stadt. Nicht umsonst laufen regelmässig ganze Quartiere gegen Grossüberbauungen regelrecht Sturm. Solche Menschen, die den dörflichen Charakter von Zürich erhalten wollen, einfach als ewiggestrig abzutun ist völlig verfehlt. Solche Meinungen und Einstellungen sind schlicht zu respektieren. Erneuerung ist nämlich per se kein Wert.

Fazit: Verdichtung hilft nicht gegen die steigenden Immobilien- und Mietpreise, sondern hilft den Eigentümern allenfalls zu mehr Rendite. Und Verdichtung ja – aber bitte nicht vor der eigenen Haustüre.
Verdichtung ist somit für nichts ein Rezept.