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Subventionierte Immobilienbranche – so geht man nicht mit Steuergeldern um

Publiziert im P:S. am 29. August 2013

Leistungsfreie Gewinne sollen besonders abgeschöpft werden: Dafür kämpft die SP seit langem, Doch nun droht an der Lagerstrasse (Europaallee) und beim Pfingsweidpark genau das Gegenteil, nämlich «Gewinne privat, die Kosten dem Staat». Dies gilt es zu verhindern.

Seit Jahrzehnten ringt die SP um zahlbares Wohnen.  Dabei folgt sie einer klipp und klaren Systematik: Die Bodenrente soll eingedämmt und sozialisiert werden. Die Bodenrente bezeichnet den Gewinn auf dem Boden. Diese können Gewinne durch Verkauf, Einnahmen durch Pacht oder Miete, sowie die Gewinne durch Planungsentscheide sein. Diese Gewinne zeichnen sich dadurch aus, dass sie komplett leistungsfrei sind und allein durch das Eigentum am Boden (oder Immobilien) begründet sind und ohne Wertschöpfung anfallen. Deshalb kennt unser System Mittel, diese leistungsfreien Gewinne besonders abzuschöpfen. Die Grundstückgewinnsteuer ist hoch und fällt bei Verkauf an; Planungsgewinn-Abschöpfung von mindestens 20% haben wir bindend mit der Revision des Raumplanungsgesetzes endlich eingeführt. Und die Mieten dürfen theoretisch nur einen beschränkten Gewinn abwerfen. Damit werden die Bodenrenten allesamt entweder eingedämmt wie bei der Miete oder sozialisiert wie bei den Grundstückgewinnen (aus Verkauf) und Planungsgewinnen.

In den letzten Jahren hat die SP ihr Engagement dieser Logik folgend massiv verschärft. Teilweise mit grossem Erfolg. Beispielweise wurde der stark umkämpfte Grundsatzartikel, wonach das nichtrenditeorientierte Wohnen stetig auf 33 % erhöht werden muss mit 76% der Stimmenden angenommen. Schärfstes (abstruses) Gegenargument war, dass wir uns dies finanziell nicht leisten könnten. Darüber hinaus seien Genossenschaften indirekt subventioniert, da man noch mehr Baurechtszinsen von diesen verlangen könne.

Sicher noch nicht fürs Land zahlen

Wenn es aber um die konkrete Umsetzung dieser klar ausgerichteten Bodenpolitik geht, bekundet die SP mitunter Mühe. Jüngstes Beispiel ist der im Gemeinderat durchgewunkene Kredit für den Ausbau der Lagerstrasse an  Europa Allee beim Hauptbahnhof von 16,7 Mio. Franken. 8,9 Mio. Fr. sind für den Kauf eines Strassenstreifens  von der SBB. Auf dem 80‘000 m2 grossen Areal hat die SBB bereits riesige leistungsfreie Gewinne realisiert. Allein die höhere Ausnutzung von 50%, die mit dem Gestaltungsplan 2006 bewilligt wurden erzielte die SBB – äusserst konservativ geschätzt – rund 320 Mio. Franken Planungsgewinne (und Buchgewinne). Für den Verkauf von 7‘403 m2 Bauland für den UBS-Neubau in der Mitte des Areals hat sie 2010 rund 200 Mio. Fr. kassiert. Das ist vermutlich der höchste je erzielte Pries in Zürich. Planungsgewinne wurde keine abgeschöpft. Im Gegenteil: Wir haben riesige Summen an Zürcher Steuergeldern in die nochmalige Aufwertung des Areals gepumpt. Jetzt der SBB noch den Landstreifen abzukaufen, um ihnen mit dem Bau einer Allee nochmals das Areal aufzuwerten ist geradezu grotesk. Eine entschädigungspflichtige Wertminderung liegt ja eben gerade nicht vor, sondern das Gegenteil. Genau das ist eine ziemlich direkte Subventionierung von Immobilieneigentümerinnen. So geht man doch nicht mit Steuergeldern um.

Besonders zynisch ist dies angesichts der Tatsache, dass die Gemeinden (und besonders auch Zürich) – nach der Verstaatlichung der Bahn im vorletzten Jahrhundert – der SBB Land geschenkt hat oder zu Vozugpreisen verkauft hat. Damit sollte die beispiellose Expansion der Bahn ohne hohe Kapitalkosten ermöglicht werden, was auch erfolgreich zur grössten Wirtschaftsförderungsaktion der Schweiz wurde. Nur um Klarheit zu schaffen, ich bin nicht gegen den Ausbau der Strasse mit einem Veloweg und netten Bäumen. Aber das Land muss uns die SBB entschädigungsfrei abgeben. Fraglos.

Pfingstweidpark für fettere Mieten?

Ein ähnlich gelagertes Debakel bahnt sich in Zürich West an. Dort will die Stadt auf städtischem Land einen Park bauen mit Namen «Pfingstweidpark». Die börsenkotierte Mobimo AG hat dort rund um den Mobimotower bereits eine potthässliche Überbauung mit Namen «Im Pfingstweidpark» realisiert mit Miet- und Eigentumswohnungen. Kosten für eine 70 m2 Dreizimmerwohnung 3‘800.- Franken. (Also ein Angebot, das Zürich wirklich nicht braucht). Die Kosten des Parks mit Pavillion belaufen sich auf einmalige Investitionsausgaben Ausgaben von gut 14 Millionen Franken (inkl. Planungskosten und Altlastensanierung). Sowie laufende jährliche Unterhalts- und Instandstellungskosten von sage und schreibe  4, 1 Mio. Franken. Hier habe ich Kapitalkosten und Landverzinsungskosten dazugerechnet, wie das jeder vernünftige Inverstor rechnet. Anders als sonst – zum Beispiel in Oerlikon – stellt die Stadt gratis städtisches Land zur Verfügung. 14‘000 m2 gross,  gehandelter Preis in der Gegend 3‘500.- Fr. pro m2. Das Land allein ist also 49 Mio. Franken wert. Und wirft nun keine Erträge ab. Hätte man das Land einer Genossenschaft im Baurecht gegeben oder verkauft, hätten wir sprudelnde Erträge. So aber haben wir nur hohe Kosten. In Oerlikon hatte Stadträtin Ursula Koch damals für die hohe über die Bauordnung hinausgehende Ausnutzung,  den Eigentümerinnen wie ABB  Land für Parks gratis abgerungen. Hier jedoch bezahlen die angrenzenden Eigentümerinnen nur gerademal einen einmaligen Beitrag von 1,98 Mio. Franken. Und dies bei geschätzten Planungsgewinnen von Mobimo, Halter Immobilien und Coop von konservativ geschätzt rund 400 Mio. Franken. Und dies angesichts der Tatsache, dass der Park an einer Vierspurigen Autostrasse kaum je ein Publikumsmagnet wird. Er wertet vor allem die Wohnungen dort auf und rechtfertigt horrende Miet- und Verkaufspreise. Hallo?

Hauptnutzniesser sollen sich beteiligen

So geht das nicht. Das ist ein Paradebeispiel von «die (leistungsfreien) Gewinne privat und die Kosten dem Staat». Das ist eine pure gigantische Subvention von börsenkotierten Immobiliengesellschaften. Und somit das Gegenteil von der steuersystematischen Logik, wonach leistungsfreie Gewinne teilweise an die Allgemeinheit zurückfliessen, um eben diese Infrastukturkosten, die sie auslösen, teil zu finanzieren. Es ist unter jedem Titel inakzeptabel so mit Steuergeldern umzugehen. Und dies notabene gegenüber einer Mobimo, die sich bisher mit Grundstückgewinnsteuer- Vermeidungs-Strategien hervorgetan hat, so dass Finanzvorstand  Martin Vollenwyder vor Bundesgericht gehen musste. Und aus dem angrenzenden Mobimotower ist bisher kein Steuerfranken geflossen, da alles Zweitwohnungen sind. (Auch da musste der freisinnige Finanzvorstand Vollenwyder intervenieren und in Einzelfällen mit anderen Kantonen um Steuerausscheidungen kämpfen.) Diese Vorlage gehört umgehend zurückgewiesen, mit dem Auftrag eine wesentlich höhere Beteiligung der privaten Grundeigentümer zu verlangen. Auch wenn der Stadtrat den Kostenteiler vor vielen Jahren vereinbart hat, so ist doch solch ein Vertrag immer vorbehältlich Gemeinderats- und eventuell Volksentscheid abgeschlossen. Ansonsten können wir das Parlament gleich abschaffen oder zu einem Durchwinkegremium verkommen lassen. Ich finde es übrigens in Ordnung, dass wir dort einen Park erstellen. Aber bitte mit anständiger Kostenbeteiligung der Hauptnutzniesser.

Erst Geschenke dann Sparpakete

Hinzu kommt, dass der Löwenanteil der stadtzürcher Investitionen von rund 800 Mio. Franken jährlich in genau dieses Gebiet geflossen sind, 80 Millionen für das Tram und Aufwertung Pfngstweidstrasse, 35 Millionen Aufwertung Bahnhof Hardbrücke (was eigentlich die SBB zahlen müsste). 45 Millionen Velowegbrücke, Hardbrückesanierung  um nur einige zu nennen. All diese Investitionen holen wir mit Steuergelder nie und nimmer raus. Wir schieben unverantwortlich eine riesige Bugwelle von Abschreibeungen und Kapitalkosten in unserer städischen Rechnung vor uns hin. Das sind unbeeinflussbare Aufwände. Als Finanzpolitikerin sträuben sich mir die Haare.Und klar – die grossen Sparpakete stehen schon an.

 

Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel

Die SP steht in der Pflicht. Wir kämpfen für jeden Quadratmeter Land, das nicht renditeorientiert ist. Bei der Manegg haben wir vorgemacht wie das gehen kann: Die hohe Ausnutzung wurde nur gewährt, wenn ein Drittel aller Wohnungen von Genossenschaften gebaut werden. Ein wurderbares Beispiel wie Planungsgewinne auch abgeschöpft werden können. Bald hat es keine grossen Areale in Zürich. Aber zur Zeit stossen die Grossbanken ihre Immobilien ab. Auf dem Kochareal, das die UBS zur Zeit abstösst könnten wir einen grossen Blätz kaufen. Geschätzte Kosten 80 Mio. Franken.  Dafür habe man angeblich kein Geld, obwohl da jeder Franken über Einnahmen refinanziert wäre.  Der SBB Land ohne Grund teuer zu entschädigen und einen teuren Park mit zu geringer Kostenbeteiligung zu bauen und dafür sagenhafte 14‘000.- m2 (und 49 Mio. wertes) städtisches Land gratis und unverzinst herzugeben, dafür haben wir aber angeblich Geld. Das kann die SP nicht zulassen. Wir wurden gewählt weil wir eine gute Boden- und Immobilienpolitik machen und zahlbaren Wohnraum für Generationen sichern. Nicht um die exorbitanten Gewinne der Immobilienbranche abzusichern. Nichts weniger als unsere Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel.