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Zur AHV als grösstes Entlastungsprogramm der Jungen aller Zeiten (E-Mail Debatte in der NZZa.S.)

Die E-Mail-Debatte
«Die AHV war und ist das grösste Entlastungsprogramm für die Jungen»

Jacqueline Badran

Die derzeit laufende Kampagne gegen die Initiative «AHV plus» ist geprägt von unlauteren Behauptungen und Falschaussagen, wie zum Beispiel jener der Nichtfinanzierbarkeit. Das ist einer demokratischen Debatte unwürdig! Die CVP hat diese Woche die Rentnergeneration sogar mit gefrässigen Schweinen symbolisiert. Werter Herr Rutz, geben Sie hier doch wenigstens einmal zu, dass die Mitte-Rechts Parteien hier allein die Interessen der privaten Pensionskassen vertreten, welche die AHV zugunsten der zweiten Säule und damit ihres Profites schwächen wollen?

Gregor Rutz

Was ich möchte, liebe Frau Badran, ist eine sichere Altersvorsorge. Finanzielle Sicherheit hat man dann, wenn man nicht mehr Geld ausgibt, als man einnimmt – etwas, was Sie als Unternehmerin ja auch wissen müssten. Die Tatsache, dass die Lebenserwartung stetig ansteigt, ist erfreulich. Doch für längere Rentenzahlungen braucht es mehr Kapital. Und genau in dieser Situation stellen wir fest, dass wir in der Schweiz immer mehr Rentenbezüger haben, während im Verhältnis dazu immer weniger Erwerbstätige da sind, die in die Kassen einzahlen. Das sind eigentlich alles Binsenwahrheiten. Umso erstaunlicher ist darum, dass Sie strikte gegen eine Senkung des Umwandlungssatzes in der zweiten Säule sind und bei der AHV die Renten erhöhen wollen, obwohl beim besten Willen niemand weiss, wie dies zu finanzieren ist. Oder können Sie zaubern?

Jacqueline Badran

Seit es die AHV gibt, wird von rechts ihre Nichtfinanzierbarkeit herbeigeredet. Und Ihre Aussagen beweisen, dass Sie die AHV nicht verstehen. Fakt ist, dass wir seit Einführung der AHV 1949 mehr als zehnmal so viele Rentner mit den gleichen Lohnbeiträgen finanzieren. Dies funktioniert, weil die Lohnsumme gewachsen ist. Das ist das Geniale am AHV-Prinzip: Sie ist einzig von der Lohnsumme abhängig, nicht von der Anzahl Köpfen der Beitragzahlenden. Werden wir produktiver, können wir mit weniger Leuten mehr Rentnerinnen und längere Rentenzahlungen finanzieren. Das Szenario der Gegner der Initiative «AHV plus» geht ja regelrecht von einem Minuswachstum aus. Das glauben Sie doch nicht im Ernst! Die demografische Entwicklung wird in jedem Fall durch die wirtschaftliche Produktivität und die Zuwanderung mehr als ausgeglichen – natürlich nur, wenn die steigende Produktivität auf die Löhne umgeschlagen wird, was Sie ja gerne zu verhindern suchen.

Gregor Rutz

Die AHV verstehe ich gut – aber ich kann auch rechnen. Und ich finde es völlig unverantwortlich, der Bevölkerung Versprechungen zu machen, welche nie und nimmer finanzierbar sind. Natürlich: Ihre Forderung für eine pauschale Rentenerhöhung von 10 Prozent für alle tönt verführerisch. Ausser ein paar Schlagworten ist von den Initianten argumentativ aber nicht viel zu vernehmen. Was Sie da vorrechnen, ist absurd: Die Zuwanderung stärkt die AHV nicht – im Gegenteil. Das sind alles künftige Rentenbezüger, welche wir später einmal mitfinanzieren müssen. Und Ihre Träumereien ständiger Lohnerhöhungen haben mit den tatsächlichen Verhältnissen auch nicht viel zu tun. Kommt hinzu, dass die Initiative meines Erachtens eine Fehlkonzeption ist: Bezüger von Ergänzungsleistungen riskieren, mit der Initiative schlechter zu fahren. Dagegen profitieren gutsituierte Rentner von zusätzlichen 10 Prozent Rente, obwohl sie diese nicht nötig hätten. Wenn wir so wirtschaften, naht das finanzielle Fiasko unweigerlich. Bezahlen muss es die junge Generation. Und da sage ich: Nein danke!

Jacqueline Badran

Die AHV war und ist das grösste Entlastungsprogramm für die Jungen. Seit es die AHV gibt, muss die junge Generation nämlich ihre Eltern im Rentenalter nicht mehr unterstützen. Die sehr gut Verdienenden zahlen deutlich mehr in die AHV ein als sie bekommen, was bewirkt, dass auch künftig die grosse Mehrheit der Jungen entlastet und nicht mehr belastet wird. Die AHV-Renten wurden seit 1975 nicht erhöht. Dafür sind die Krankenversicherungen und die Mieten weit über Lohnentwicklung und AHV-Entwicklung gestiegen. Real haben die Renten also massiv verloren. Wir erfüllen den Verfassungsauftrag der gewohnten Lebensführung im Rentenalter bei weitem nicht mehr. Zusätzlich werden die Renten aus der zweiten Säule wegen tieferer Verzinsung und tieferem Umwandlungssatz stark sinken. Jetzt reicht es! Schliesslich geht es um die volkswirtschaftlich eminent wichtige Kaufkraftsicherung einer ganzen Generation und um deren Leben in Würde. Auch Sie und ich werden einmal hauptsächlich von der AHV leben. Die deutlich effizientere AHV muss nun nach über 40 Jahren endlich moderat gestärkt werden.

Gregor Rutz

Ich staune über Ihre Aussagen – frei nach dem Motto «If you can’t convince them, confuse them». Lesen Sie doch nochmals nach, was die SP im Frühling 2015 gesagt hat: «Immer weniger Erwerbstätige müssen immer mehr für die zahlreicher werdenden AHV-Rentner bezahlen. Um die AHV zu finanzieren, müssen die Beiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber mittelfristig erhöht oder es müssen die Leistungen an die Rentner reduziert werden. Höhere Beiträge belasten die Arbeitseinkommen und schwächen die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Eine solche Entwicklung strapaziert zunehmend die Solidarität zwischen Jung und Alt.» Das ist ein Zitat der SP – vor der Abstimmung über die Erbschaftssteuer. Mit der Initiative «AHV plus» machen Sie nicht nur leere Versprechungen, sondern handeln auch verantwortungslos, weil Ihre Träumereien von der nachfolgenden Generation finanziert werden müssten. Ich bleibe dabei: Nein, nein, nein.