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Nein zu No Billag – dem einzigen Medienhaus, das uns gehört, droht das Aus

Zur Volksintiative No Billag – nationale Abstimmung vom 4. März 2018

Publiziert in der Zeitschrift „Wohnen“,  Februar 2018

No Billag: Dem einzige Medienhaus, das uns gehört, droht das Aus

Ich kenne viele Leute. Unterschiedlichste Menschen mit verschiedenen Lebensstilen, Einstellungen und Gewohnheiten. Ich kenne aber niemanden, der nicht Fern sieht und Radio hört. Die einen mehr, die anderen weniger. Die einen hören Radio während dem Abwaschen oder Bügeln, andere schauen zum Abendessen die Tagesschau. Unser Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) kommt zu uns nach Hause und ist Teil unseres Lebens daheim, Teil des Wohnens. Der Fernseher ist für viele sogar das prominenteste Möbelstück in der Stube. Für die allermeisten ist das ganz selbstverständlich. Und so darf man sich dann auch über zu viel Werbung aufregen, über die Art eines Sportkommentators oder die Musikauswahl im Radio. Aber eigentlich sind wir ganz zufrieden und haben grosses Vertrauen, wie Umfragen zeigen und wissen, dass es aus dem riesigen Universum des SRF-Angebotes für jeden etwas hat. Das einzige Medienhaus der Schweiz, das der Bevölkerung gehört, ist eben vom Volk fürs Volk.

No Billag nützt nur den Machtsuchenden und den Kommerzinteressen

Mit der «No Billag» Initiative droht unserem SRF aber das Aus. Diejenigen, die behaupten, es ginge dann schon irgendwie weiter, die sagen die Unwahrheit, bewusst oder unbewusst. Es stünde klipp und klar in der Verfassung, dass der Bund in Friedenszeit kein Fernsehen und Radio betreibt, keine Gebühren erheben darf, und keinerlei Subventionen sprechen darf. Punkt. Da gibt es keinen Spielraum «für die da oben in Bern». Die Debatte um die öffentlichen Medien tobt nicht nur bei uns, sondern in ganz Europa. Sie wird immer von ganz rechts aussen angeführt. Ja, es gibt gewisse Kreise, die mögen es nicht, dass unabhängige Medien existieren, die ihnen auf die Finger schauen, die man weder kaufen noch beeinflussen kann. Überall in Europa, zum Beispiel in Ungarn, Polen, Frankreich, Italien übernehmen machthungrige Milliardäre oder gar Regierungen die Medien. Aber auch kommerzielle Interessen sind im Spiel. Die rund 400 Millionen Werbegelder, die frei würden bei einem Ende der SRG,  würden zu einem grossen Teil zu dem vor einem Monat neu geschaffenen Konzern aus dem grössten Verlag Tamedia und dem grössten Fernsehwerbevermarkter Goldbach fliessen. Diese planen schon jetzt mit den deutschen Privatgiganten RTL und ProSieben/SAT 1 Schweizer Programmfenster. Sie würden uns dann mit seichten News und quotenmaximierenden Polittalks zwischen Dschungelcamp und Dauerwerbesendungen beglücken. Das selbe in Grün bei Radio: Werbung mit Mainstreammusik dazwischen. Niemand würde mehr ein Lauberhornrennen, einen Schweizer Dokumentarfilm, ein Rendevous am Mittag, ein Netz-Natur, ein Esspresso, ein Happy Day, eine Rundschau produzieren. Auch nicht fürs Bezahlfensehen, das übrigens auch in riesen Märkten wie Deutschland nicht rentabel funktioniert.

Experiment ohne SRF?

Schöne neue Schweiz. Das will ernsthaft niemand. In England laufen auch Attacken gegen die britische öffentliche Anstalt BBC. Diese haben ein Experiment gemacht. Leute, die fanden, die Gebühr sei zu hoch oder das Programm zu blöd, hatte man 9 Tage lang Radio und TV der BBC nicht gesendet. Dreiviertel der Teilnehmenden gaben nachher an, sie hätten BBC sehr vermisst. Und die Programme der Kommerziellen Privaten Radios und TV-Stationen seien ja richtig grässlich mit viel zu viel Werbung. Das sei ihnen nicht bewusst gewesen.

Einen Franken pro Tag für die ganze Angebotspalette –  ein hervorragndes Preis-Leistungsverhältnis

Lieber Genossenschaftler. Es ist oft so, dass wir erst vermissen, was wir nicht mehr haben. Eine Schweiz ohne SRF kann sich niemand vorstellen, weshalb nun viele glauben man könne bei dieser Abstimmung «ein Zeichen setzen», da der SRG – warum auch immer – «ein Schuss vor den Bug» gehöre. Vergessen Sie dann aber nicht, dass wir nicht über die Gebühren abstimmen. Das haben wie vor zwei Jahren getan. Neu beträgt die Haushaltsgebühr 365 Franken pro Jahr. Viel weniger als ein Zeitungs-Abonnement. Wir stimmen ab über die Existenz von SRF und rund 46 privaten Lokalradios- und TV-Stationen, sowie der Filmindustrie in unserem Land. Und damit über rund 10’000.- Arbeitsplätze, die mit einem Schlag verloren gingen. Ich bin überzeugt, dass die ganze reichhaltige Palette vom Kassensturz über die Landfrauenküche zur Sternstunde Philosophie, vom Echo der Zeit bis zum werbefreien Volksmusiksender uns einen Franken pro Tag Wert sein sollte. Und das in vier Landessprachen.

Wir reden schliesslich von einem Bestandteil der Vierten Gewalt in unserer direkten Demokratie, von unserem Volksvermögen und letztendlich von unserem Lagerfeuer, als Ort unserer Debatten und gemeinsamen Erlebnisse, vom Zugang aller zu relevanten Informationen, Kultur, Unterhaltung und Sport. Nicht das wir eines Tages aufwachen und vermissen, was wir zwar immer kritisiert haben, aber uns trotzdem lieb und teuer ist.