ZKB und PPPs
20. Juli 2007Juli 2007 – publiziert im PS
ZKB und PPPs
ZKB und der Staat werden schleichend zu Gehilfen des Grosskapitals. Sie müssen wieder das werden wofür sie geschaffen wurden. Eine Bank im Dienste der Volkswirtschaft und eine Institution zum Wohle der Allgemeinheit.
Ich liebe die ZKB – ja wirklich. Sie war, wie der von vielen Zürcherinnen, mein aller erster Kontakt mit der Geschäftswelt. Mit ungefähr acht Jahren, als ich mein erstes erspartes
Taschengeld und den Weihnachtsbazen der Grossmutter ehrfürchtig in die grosse Halle an der Bahnhofstrasse brachte. Die aufgeregte Freude als ich danach mit einem Stempeleintrag mehr im Sparbüchlein nach Hause ging, schuf emotionale Bindung fürs Leben. Damals formte sich ein Bild von dem was eine Bank tut: Sie nimmt Geld von Menschen entgegen, bewahrt es für einen auf und leiht es Firmen und Privaten aus damit sie Maschinen kaufen und sie Häuser zum Wohnen und Geschäften bauen können.
Dass dies nicht mehr so ist und sich die ZKB seit langem wie eine ganz normale Grossbank benimmt ist kein Geheimnis. Sie verkauft eine Immobilie an zentralster Lage an einen St.
Gallischen Spekulanten, der erst noch Wohnbauförderungsgelder erschlichen hat und dafür verurteilt wurde, obwohl eine lokale Genossenschaft gleich viel für die Liegenschaft geboten hatte. Kann ja mal passieren. Gleichzeitig nimmt sie eine Vorreiterrolle bei volkswirtschaftlich unsinnigen Immobilien-Derivaten ein und schafft damit dem spekulativen
Element in diesem «Markt» noch ein zusätzliches Instrument. Das gehört verboten. Die ZKB verhält sich äusserst risikoscheu bei Krediten für KMU, sodass sich mittlere Unternehmen schon gegenseitig mit kurzfristigen Krediten aushelfen und kleinere ohne Sicherheiten ohnehin keine Chance haben. Ein gewisses Verständnis kann man dafür aufbringen. Dafür verhilft sie ausländischen nichtindustriellen Anlegern (bitte nicht zu verwechseln mit Investoren) via Optionen-Hintertüre zu Anteilen an einer Grossunternehmung, die sie in der anderen Abteilung grosszügig mit Krediten versorgt. Absolut unverzeihlich. Dass einige Exponenten eventuell Insidergeschäfte gemacht haben ist – machen wir uns nichts vor – normal. Nicht normal ist, dass man sich allenfalls dabei erwischen lässt. Der neuste Streich : Der Verkauf des Toni-Areals in ZürichWest an die börsenkotierte Immobiliengesellschaft Allreal. Und das nervt so richtig.
Monopol-Monospsom-Konstrukte sollten staatlich sein
Auf den ersten Blick scheint es das normalste der Welt. Die ZKB kauft im Jahre 2002 der Toni-Molkerei aus der Konkursmasse ihr Areal ab. 2005 bestimmt der Kanton, dass dort die neue Hochschule der Künste ihren Standort erhält. Die ZKB entwickelt mit einem Wettbewerb ein Projekt. Der Erschliessung des Gebiets mit einem Tram wird in einer
Volksabstimmung zugestimmt. Das Gebiet gilt als Top-Entwicklungsgebiet in einem der weltweit attraktivsten Standort Zürich; Nutzung, Mieterschaft und Erschliessung sind
bestimmt. Der (vermutlich satte) Planungsgewinn kann nun durch die ZKB abgeschöpft werden. Sie verkauft – über den Preis wurde Stillschweigen vereinbart. Die Eigentumsübertragung findet jedoch erst 2008 statt.
Auf den zweiten Blick wird man etwas skeptisch. Was ist das für in eigenartiges Konstrukt? Eine börsenkotierte Immobiliengesellschaft besitzt, baut und betreibt eine Hochschule für Künste und weitere staatliche Bildungseinrichtungen, sowie einige Wohnungen. Es gibt also nur einen einzigen Anbieter für die Hochschulen, was in der Natur der Sache liegt.
Gleichzeitig gibt es nur einen Nachfrager, der Kanton. Dies nennt man in der ökonomischen Sprache eine Monopol (ein einziger Anbieter) – Monopsom (ein einiziger Nachfrager)-
Konstruktion. Auch in der neoliberalsten Wirtschaftstheorie sollten solche Konstrukte immer staatlich sein, denn es findet kein Wettbewerb also Markt statt, weshalb die durch Wettbewerb entstehende Effizienzen wegfallen. Natürlich wird man argumentieren, man könne einen Marktpreis simulieren und dazu die Preise von Vergleichsobjekten heranziehen. Allerdings besteht bei der Verhandlung (und der Preis kann nicht anders als ausgehandelt werden) eine Assymmetrie zuungunsten des Kantons. Der Kanton ist Standortgebunden also wenig mobil und hat – anders als beispielsweise bei normalen Büroflächen – kaum Ausweichstandorte. In Frage käme höchstens das politisch höchst umstrittene Kasernenareal. Die Allreal tritt demzufolge als Preissetzerin auf, da dem Kanton unter dem Druck des Realisierungszwangs jegliche Verhandlungsmacht fehlt. Auch wenn dem nicht so wäre und tatsächlich Verhandlungsspielraum bestehen würde, muss der Kanton (respektive die Steuerzahlenden) immer die Gewinne, die die Allreal als rein gewinnorientierte Unternehmung machen muss, finanzieren. Deshalb wird es den Kanton definitiv teurer zu stehen kommen als wenn er selber Eigentümer wäre.
Bodenrente an Private – Unding PPP
Für so eine Public Private Partnership sehe ich absolut keinen Bedarf. Wieso behält die ZKB das Areal nicht und baut und betreibt es selber? Die Gewinne würden so wieder in die
Staatskasse fliessen. Das öde Argument wird vermutlich sein, dass es nicht Kernaufgabe der ZKB sei Immobilien zu bauen und zu betreiben. Das tut sie aber längst. In ihrer Pensionskasse liegt ein stattliches Immobilien-Portfolio, dessen Betrieb an professionelle Facilitymanager ausgelagert ist. Ebenso wäre ein Risikoargument geradezu lächerlich. Der Kanton verfügt über die grösste Bonität überhaupt. Zudem ist die Nutzung gegeben, die Mieterin steht fest (es besteht kein Risiko keine Mieterin zu finden) und diese ist langfristig verpflichtet – eine so grosse und spezielle Schule zügelt man nicht einfach so. Ebenso ist eine Abwertung vom Standort ZürichWest völlig ausser Sichtweite, das Gegenteil ist der Fall.
Im Weiteren hätte der Kanton selber das Areal kaufen können und selber darauf bauen, wie das für eigene Infrastrukturen bisher der Fall war (übrigens ein besserer Verwendungszweck des Nationalbankgoldes anstatt sie in die laufende Rechnung zu stecken!). Ein zusätzlicher Wermutstropfen ist, dass mit diesen Infrastruktur-PPP-Konstrukten dem Parlament weitgehend das Mitspracherecht entzogen wird.
Nun wird die Bodenrente an Private abgeführt ohne dass es einen guten Grund dafür gäbe. Dies kann man nur als Verschleuderung von Steuergeldern sehen. Wieso wird dies so gehandhabt? Vermutlich weil es modern ist. Teilweise bauen private Grosskonzerne auch nicht mehr selber. Dies geschieht nicht weil sie nicht rechnen könnten,
sondern auf Druck der Finanzmärkte hin (aber dazu ein anderes Mal).
Die ZKB und die öffentliche Hand ganz generell gebaren sich zunehmends als Gehilfen und Zudiener des Grosskapitals und nicht im Sinne der Volkswirtschaft und des Allgemeinen
Wohls. Und dies nicht aus schlechtem Willen oder eigener Profitgier, sondern aus dem weit verbreiteten Credo, dass private Produktion gut ist und staatliche schlecht und dem schon als Religion zu bezeichnenden Glauben, dass was dem Grosskapital nützt schlussendlich allen dient.
Sollte sich die ZKB weiterhin von ihrer normativen Basis entfernen, kann man sie tatsächlich in eine AG umwandeln und sich über die Gewinne aus der Minderheitsbeteiligung freuen. Lieber wäre mir, sie würde ihre Legitimation als Staatsbank wieder finden und sich auf ihren Gründungsauftrag besinnen der hier folgt:
Am 15. Februar 1870 eröffnete die Zürcher Kantonalbank ihren ersten Schalter. Damit wurde die schon früh im 19. Jahrhundert gereifte Idee einer volksnahen Bank verwirklicht. Die privaten Aktienbanken (die späteren Grossbanken) hatten sich während der Industrialisierung vor allem lukrativen Investitionsvorhaben in Industrie und Handel zugewandt. Insbesondere wurden der Hypothekarkredit und die sonstigen Kapitalbedürfnisse für Arbeiter, Handwerker und Angestellte, für landwirtschaftliche und gewerbliche Betriebe sowie für kleinere und mittlere Industrieunternehmungen vernachlässigt. Hier sollte die “Bank des Zürcher Volkes” einspringen.
Der öffentliche Leistungsauftrag und die gesellschaftspolitische Verantwortung wurden denn auch gesetzlich festgeschrieben: Die neue Bank sollte zur Lösung der volkswirtschaftlichen und sozialen Aufgaben im Kanton Zürich beitragen. So steht es heute noch im ZKB-Gesetz.