«Wesentliche Konsequenzen ausgeblendet»: NZZ 25.8.07
25. August 200725. August 2007, Neue Zürcher Zeitung
«Wesentliche Konsequenzen ausgeblendet»
Engagement von links für Beibehaltung der Lex Koller
Die Lex Koller sei zu erhalten, um zu verhindern, dass Immobilien als blosse Kapitalanlage zu einem Spielball der Spekulation würden. Das findet ein von Zürcher SP-Politikern angeführtes Komitee, das sich gegen die Pläne des Bundesrates stellt.
P. S. Am Freitag hat das überparteiliche Komitee «Pro Lex Koller» (NZZ 21. 8. 07) in Zürich dargelegt, weshalb es die vom Bundesrat vorgeschlagene Abschaffung der geltenden Restriktionen für den Grundstückerwerb durch Personen mit Hauptwohnsitz im Ausland bekämpfen will. Die von der Zürcher SP-Gemeinderätin Jacqueline Badran ins Leben gerufene und präsidierte Gruppe definiert sich als politisch links orientiert, aber offen für alle in dieser Frage Gleichgesinnten «jenseits isolationistischer und fremdenfeindlicher Argumentation». Das Komitee kritisiert, dass in der bundesrätlichen Vorlage wie auch in der öffentlichen Diskussion die «wesentlichen Konsequenzen» ausgeblendet würden, die eine Abschaffung der sogenannten Lex Koller zur Folge hätte.
Rückweisung angestrebt
Indem sich die Debatte auf die Konsequenzen für touristische Destinationen beschränke, konzentriere sie sich auf einen Nebenkriegsschauplatz. Entscheidend sei vielmehr, dass Immobilien in der ganzen Schweiz und insbesondere in städtischen Zentren zu einem Spielball der internationalen Spekulation würden. Insofern tue eine breite Diskussion um eine zukunftsträchtige Boden- und Immobilienpolitik not, bevor die Aufhebung von Restriktionen ins Auge gefasst werden könne. Die Vorlage sei daher zurückzuweisen, und falls dies im Parlament nicht gelinge, müsse das Referendum ergriffen werden.
Das Komitee begründet seine Befürchtungen mit den Spezifika des Boden- und Immobilienmarktes. Der Boden sei knapp, und es bestehe ein Zwang zum Konsum, weshalb die normalen Mechanismen von Angebot und Nachfrage nicht spielten. Zudem seien Immobilien in den vergangenen Jahren vermehrt zu einem Anlageinstrument geworden, wodurch grosse Finanzmittel in diesen Sektor geflossen seien. Konsequenz daraus sei unter anderem ein Anstieg der Mieten zwischen 1992 und 2004 um 85 Prozent gewesen; dies bei einer Zunahme der allgemeinen Lebenshaltungskosten um 46 Prozent. Erhielten nun ausländische Investoren unbeschränkten Zugang zum hiesigen Immobilienmarkt, hätte das eine weitere Erhöhung der Immobilienpreise und wahrscheinlich auch der Mieten zur Folge.
Bestandteil des Geldwäschereigesetzes
Als potenzielles Opfer dieser Entwicklung sehen Badran und ihre Mitstreiter den Mittelstand, der die absolut und relativ noch höheren Aufwendungen für das Wohnen am stärksten zu spüren bekäme und entsprechend weniger Mittel für den sonstigen Konsum zur Verfügung hätte. All diese möglichen Konsequenzen seien vor einer allfälligen Öffnung des Immobilienmarktes vertieft zu analysieren; beispielsweise sei völlig offen, wie die grossen heimischen Anleger (zum Beispiel Pensionskassen) auf die verstärkte Nachfrage aus dem Ausland reagieren würden.
Über einen vorläufigen Fortbestand der Lex Koller und eine breite Diskussion über die Immobilienpolitik hinaus fordert das Komitee «Pro Lex Koller», der Geltungsbereich des Gesetzes gegen die Geldwäscherei sei auf den Immobilienhandel auszudehnen. Es sei nicht einzusehen, weshalb dieser «klassische Geldwäscherei-Bereich» hier ausgeklammert werden soll. Angesprochen auf die zustimmende Stellungnahme der SP in der Vernehmlassung über die Abschaffung der Lex Koller, zeigten sich Badran und ihre Mitstreiter überzeugt, dass die Partei die Konsequenzen des Schrittes nicht vollumfänglich bedacht habe. Sie äusserten sich zuversichtlich, dass die SP-Bundeshausfraktion ihrem Begehren nach einer Rückweisung des Geschäfts nachkommen werde.