Immobilien: Big Business für den Staat
8. April 2014Big Business für den Staat
Kolumne Wohnen, publiziert im Wohnen NR 4, April 2014
Autsch, dachte ich, als neulich öffentlich wurde, dass die Stadt Bern einige subventionierte Wohnungen an Gutverdienende vermietet. Die rechten Parteien und der Hauseigentümerverband (HEV) nutzten diese unschöne Tatsache, um einen beispiellosen und umfassenden Feldzug zu führen gegen den gemeinnützigen Wohnungsbau, staatliche Wohnungen und Genossenschaften. Und allerlei Medien plapperten unbesehen nach, was der HEV vorgab. Die staatlichen Wohnungen, die zur Kostenmiete abgegeben werden (also nicht direkt subventioniert), seien eben indirekt subventioniert. Dem Staat entgingen Einnahmen, weil er die Wohnungen, verglichen mit dem „Marktpreis“, teurer vermieten könnte. Auch Genossenschaften, die Land im Baurecht von den Gemeinden bekämen, seien indirekt subventioniert, da auch dort der Staat viel höhere Baurechtszinse verlangen könne.
Vergleich mit illegalem Zustand
Unsinn, dachte ich, als ich all dies gelesen und gesehen hatte. Staatliche nichtsubventionierte Wohnungen sind Big Business für den Staat. Warum fragen sie sich? Weil Kostenmiete ist nicht gleich Kostenmiete. Bestandteil der massgeblichen Kosten sind die Kapitalkosten. Diese berechnen sich beim Staat nicht etwa aufgrund des Anlagewertes (also der effektiven Kosten, die der Staat hatte), sondern aufgrund des Verkehrswerts – also des auf dem Markt erzielbaren fiktiven Wertes der Immobilie. Das heisst der Verkehrswert wird periodisch nach oben korrigiert und die „Kosten“ steigen immerwährend und werden auf die Mieten überwälzt. Auch der Vergleich von Mieten städtischer Wohnungen mit den sogenannten „Marktmieten“ hinkt. Denn unser Mietrecht verbietet Marktmieten. Erlaubt sind Kostenmieten mit einer „angemessenen Rendite“, die zur Zeit bei 2,5% Bruttorendite liegt. Das erzielt der Staat allemal. Also sind nicht die staatlichen Mieten zu niedrig, sondern die „Marktmieten“ zu hoch. Einen illegalen Zustand kann man doch nicht ernsthaft als Vergleichsbasis nehmen
Auch die Argumentation Genossenschaften seien indirekt subventioniert ist abstrus. Zwar könnte der Staat tatsächlich noch mehr Baurechtszinsen verlangen. Aber verglichen womit, „mehr als was“ ist die Frage. Als Entscheidungshilfe ist ein Rechnen in Alternativen üblich. Alternative 1: Man legt Geld in sichere Aktien an und bekommt dafür Dividenden und Wertsteigerungen. Alternative 2: man kauft Land und vergibt es im Baurecht und bekommt Baurechtszinsen und Wertsteigerungen des Landes. Alternative 2 gewinnt langfristig immer. Rechnen sie es nach. Also auch hier. Ein sehr gutes Geschäft für den Staat und keine <Spur von indirekter Subvention. Denn so gesehen wäre ja auch jede Steuersenkung eine indirekte Subvention, weil es auch eine entgangene Einnahme darstellt.
Immobilieneigentümer subventionieren?
Noch schlimmer, dachte ich, als ich vom HEV hörte, dass er einen Systemwechsel propagierte. Subjekthilfe statt Objekthilfe lautet die Devise des Hauseigentümerverbandes. Das heisst, nicht einzelne Wohnungen sollen subventioniert werden, sondern bedürftige Personen sollen Subventionen erhalten. Klar würde ich das als HEV auch fordern, denn Subjekthilfe ist nichts anderes als eine Subvention von Immobilieneigentümerinnen. Die vermeintlichen Subventionsempfänger funktionieren dabei als reine Durchlauferhitzer geben sie doch ihre Subvention eins zu eins direkt an die Immobilienbesitzer weiter. Allein in Zürich geben wir im Rahmen der AHV/IV-Zusatzleistungen und der wirtschaftlichen Sozialhilfe jährlich 300 Millionen Franken für Wohnzuschüsse aus – also sogenannte Subjekthilfe. Mit diesem Geld könnte der Staat pro Jahr für 3 Milliarden Immobilien kaufen, die Kosten über ordentliche Mieten refinanzieren und die Wohnzuschussempfänger gratis wohnen lassen. Dabei blieben die Wertsteigerungen der Immobilien im Volksvermögen. Das wäre tausend mal wirtschaftlicher für den Staat als die à fond perdu Beträge in schwindelerregender Höhe
Meine Güte, dachte ich, wieso hat sich all das noch nicht rumgesprochen. Mehr Genossenschaften und mehr staatliche Wohnungen brauchen wir, wenn die Nachfrage doch so hoch ist. Warum sollte das was für Private das grosse Geschäft ist, für den Staat plötzlich ein Verlustgeschäft sein? Also wirklich.