Wenn zwei sich streiten und beide Recht haben: Zur Unternehmenssteuer-Reform III
10. Dezember 2016In gekürzter und redigierter Form publiziert im Politblog von Tages-Anzeiger / Bund
10. Dezember 2016
Wenn zwei gleichzeitig recht haben – heisst das Nein zur USR3
Eva Herzog SP-Finanzdirektorin von Baselstadt will die Unternehmenssteuer-Reform III unbedingt. Die SP will sie nicht unbedingt. Knatsch in der SP Basel wegen der Unternehmenssteuer-Reform III (USR3)? Unsinn kann ich als Zürcherin nur dazu sagen. Denn beide haben Recht.
Wir brauchen eine Unternehmenssteuer-Reform. Gewisse schädliche Steuerprivilegien für globale Konzerne müssen abgeschafft werden. Darüber herrscht breiter Konsens. Es herrscht sogar Einigkeit darüber, dass die abzuschaffenden Steuer-Privilegien kompensiert werden sollen. Stein des Anstosses bei der USR3 sind zwei Dinge. Erstens wollen wir keine Überkompensation und zweitens eine anständige Gegenfinanzierung. Die SP will weniger und gezieltere Instrumente, sodass sich nicht zu hohe Steuerausfälle ergeben. Steuersenkungen für Konzerne sind nichts anderes als geschenkte zusätzliche Gewinne. Wenn also Kapitaleigentümer mehr Gewinne erhalten, dann sollen diese durch Belastung des Kapitals und nicht über die Belastung der Lohneinkommen bezahlt werden.
Und genau das tut Basels Finanzdirektorin Eva Herzog. Sie gedenkt nicht alle Instrumente, die der Bund gesetzlich zur Verfügung stellt, einzusetzen. Zum Beispiel die sogenannte „Inputförderung“ wonach Firmen ihre Forschungsaufwände 1,5 Mal abziehen dürfen, kommt in Basel nicht zur Anwendung. Ausgerechnet in Basel dem Forschungsstandort Nummer eins! Roche und Novartis brauchen das gar nicht. Ein schöner Beweis, dass mit den Instrumenten eindeutig überkompensiert wird. Zudem müssen die Firmen mindestens 60% ihrer Gewinne versteuern, nicht wie in anderen Kantonen wo die „Entlastungsbegrenzung“ grotesk tiefe 20% beträgt. Klug und besonnen ist Eva Herzog auch bei der Gegenfinanzierung. Sie erhöht die Besteuerung der Dividenden (Erträge auf Kapital) auf 80%. Sie macht also einen Teil der unverschämten USR2 wieder rückgängig.
In allen anderen Kantonen geschieht das nicht. In Zürich wird die Dividendenbesteuerung auf den vom Bund neu vorgeschriebenen 60% gesetzt. Die Stadt Zürich wird Steuerausfälle von 300 Millionen Franken hinnehmen müssen. Das sind unsägliche 20 Steuerprozente. Schon die letzten Unternehmenssteuer-Reformen in Bund und Kanton haben uns in der Stadt Zürich rund 300 Millionen gekosten. Das konnten wir noch ohne Einkommens-Steuererhöhungen überleben. Aber Einkommensteuer-Senkungen für den Mittelstand lagen leider nicht drin. Dieses Mal ist klar, dass Einkommmenssteuer-Erhöhungen vor der Türe stehen und Steuersenkungen für alle, die von Lohn und Rente leben, sind in weite Ferne gerückt. Das heisst nichts anderes als dass der Mittelstand zusätzliche leistungsfreie Gewinne von Konzernen direkt bezahlt.
Der Kanton Baselstadt ist also der einzige Kanton (nebst der Waadt), der die USR III so umsetzt wie sich das die SP wünscht: Keine Überkompensation und die Gegenfinanzierung über die Belastung des Kapitals und nicht der Lohneinkommen. Weil Eva Herzog die einzige ist, die das so klug macht, gibt sie damit der SP Recht. Es braucht auf Bundesebene klare Vorgaben wie die USR3 umzusetzen ist: Weniger Instrumente und die Dividendenbesteuerung muss auf 80% gesetzt werden. So ungefähr wie das damals (vor dem Wunschkonzert der Konzerne) Bundesrätin Evelyne Widmer-Schlumpf – bedächtig wie sie war- vorgeschlagen hatte. Und weil beide Recht haben ist ein Nein zur USR3 unausweichlich, um dann eine Umsetzung zu gestalten nach dem Vorbild von Finanzdirektorin Eva Herzog.