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Zur Breitensport-Fonanzierung (E-Mail-Debatte in der NZZa.S.)

Die E-Mail-Debatte vom 10.12.2016 – in der NZZ am Sonntag
«Tun Sie nicht so, als ob Sie ein grosser Ausgabenvermeider wären»

Jacqueline Badran

Diese Woche feierten wir das Nationalratspräsidium von Jürg Stahl. Er erwähnte in seiner Rede, dass Menschen mit verschiedensten Funktionen aus Politik, Wirtschaft, Justiz, Militär, Verbänden, Vereinen und Sport anwesend seien. Das gefiel mir sehr und erinnerte mich daran, wie einzigartig wir im Schweizer Miliz- und Konkordanzsystem verschiedene Rollen einnehmen. So wie das Jürg Stahl alias «Tschügge», auch mit viel ehrenamtlichem Engagement, selbst verkörpert. Der umwerfende Auftritt unserer Spitzenkunstturner im Ratssaal hat das unterstrichen. Einen Tag später haben wir im Rat in der Budgetdebatte nur knapp eine drastische Kürzung bei Jugend und Sport verhindert. Und für den Spitzensport haben wir nichts getan. Im Gegenteil, die Beiträge an die geplanten nationalen Sportzentren werden verzögert und die Kunstturner bekommen vermutlich weniger Geld. Das finde ich äusserst schade.

Gregor Rutz

Mir gefielen die Worte von Jürg Stahl auch, denn das Milizsystem ist die Basis der Eidgenossenschaft. Jeder Bürger leistet Militärdienst, und viele engagieren sich in unzähligen Vereinen und Verbänden. Ehrenamtliche Arbeit ist wichtig für das Funktionieren unseres Gemeinwesens. Leider wird das Verständnis für solche ehrenamtlichen Tätigkeiten in Zeiten des Wohlstands nicht grösser. Das beginnt bei uns selber – schauen wir nur die steigenden Entschädigungen für Parlamentarier an. Ähnlich ist es in anderen Bereichen. Als Gönner verschiedener Sportverbände bin ich der Auffassung, dass Sport sehr wichtig ist. Hier leiste auch ich gerne einen Beitrag. Gerade die Jugendlichen finden in Sportklubs eine sinnvolle Betätigung. Doch Sport ist keine Staatsaufgabe. Darum habe ich gegen die Budgetaufstockungen im Sportbereich gestimmt (es ging nicht um Kürzungen). Wenn sportliche Aktivitäten nur noch mit Staatsgeldern möglich sind, ist es nicht gut.

Jacqueline Badran

Sie verzerren wieder einmal die Tatsachen. Wir sind das am schlechtesten bezahlte Parlament der Welt. Und wir kennen keine Parteienfinanzierung, was an eine Bananenrepublik erinnert. Unsere direkte Demokratie-Industrie ist allein von ehrenamtlicher Tätigkeit abhängig. Das bevorzugt Milliardärsparteien. Aber zurück zum Thema: Wir haben eine Kürzung verhindert, auch das sagen Sie falsch. Eine Staatsaufgabe ist das, was wir demokratisch als solche definieren. Gibt es jemanden, der Jugend-&-Sport-Kurse nicht für enorm wichtig hält und Sport als eine der sinnvollsten Tätigkeiten für Jugendliche ansieht? Aber Breitensport lebt nun einmal von ehrenamtlichen Helfern, dem Einsatz der Eltern und andererseits auch von Staatsbeiträgen. Und wenn wir den Spitzensport finanziell nicht unterstützen, findet der schlicht nicht mehr statt.

Gregor Rutz

Nein, liebe Frau Badran, da liegen Sie falsch. Und nicht unser Milizsystem, sondern die absurden Kontrollgesetze zur Parteienfinanzierung in anderen Staaten sind absurd – eine riesige Bürokratie ohne jede Wirkung! Darum ist das Milizsystem so wertvoll. Selbstverständlich sind gewisse staatliche Beiträge sinnvoll. Aber die gibt es ja schon. Auch die Infrastruktur ist hervorragend – die Schweiz hat tolle Sportanlagen. Was mich stört, ist das stete Wachstum unserer Budgets und das permanente Heraufbeschwören des Weltuntergangs, wenn man einen Budgetposten einmal nicht erhöhen will. Hand aufs Herz: Ist es normal, dass wir jedes Jahr mehr Steuergelder ausgeben? Seit ich politisch tätig bin, steigen die Gesamtausgaben jedes Jahr an – das könnte sich keine Firma leisten!

Jacqueline Badran

Das stimmt. Wir sind aber leidigerweise auch jedes Jahr 80 000 Menschen mehr. Die Ausgaben pro Kopf steigen kaum. Und gerade die Wirtschaft lagert viele Kosten, die sie früher selbst getragen hat, an die Gemeinschaft aus. Und tun Sie nicht so, als ob Sie ein grosser Ausgabenvermeider wären. Das ist doch nur für die Sonntagsreden. Militär, Landwirtschaft und Strassen können Ihnen gar nicht genug kosten. Das Gleiche gilt für die Gesetze. Wir wollten diese Woche im Rahmen des Stabilisierungspakets das Risiko-Sportarten-Gesetz abschaffen, welches die Zulassungen für Anbieter von Skischulen, Bergführern oder Riverrafting regelt. Das haben wir nicht, weil die betroffenen Branchen zu Recht massiv dagegen opponiert hatten. Wir sind auch ein Tourismusland mit einem Schwerpunkt beim Sport. Da müssen wir Qualitätsführer sein, weil wir preislich nicht mithalten können. Und wegen des Binnentourismus müssen wir auch den Breitensport unterstützen. Schon deshalb verstehe ich Ihre Haltung mit der Sportförderung nicht.

Gregor Rutz

Es stimmt, dass wir immer mehr Menschen sind in der Schweiz, über zwei Millionen von ihnen Ausländer. 80 Prozent der Zuzüger arbeiten in Berufen, wo kein Mangel herrscht. Es sind also Leute, welche die Wirtschaft nicht braucht. Darum kämpfe ich für eine ehrliche Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative. Zweitens: Selbstverständlich bin ich für eine Senkung der Staatsausgaben, und neue Steuern lehne ich aus Prinzip ab. Bei Armee und Landwirtschaft stagnierten die Ausgaben in den letzten Jahren, während überall sonst aufgestockt wurde; dies einfach zur Information. Drittens: Ich habe für die Abschaffung des von Ihnen erwähnten Gesetzes (und auch anderer Gesetze) gestimmt, weil mir die Paragrafenflut Angst macht. Natürlich sind Tourismus und Sport wichtig. Doch es sind da Unternehmergeist und Engagement gefragt, nicht Subventionen und Staatsgelder. Darum haben wir am Schluss auch das Budget abgelehnt. Nicht wie die SP, welche einfach mehr ausgeben wollte, sondern weil wir es nicht unterstützen können, dass die Ausgaben immer mehr ins Uferlose wachsen.