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Rahmenbedingungen für Wohngenossenschaften: keine Verdrängung durch ausländisches Kapital

Kolumne «Wohnen» – publiziert im Magizin der Wohnbaugenossenschaften «Wohnen» im Februar 2017

Rahmenbedingungen für Wohnbaugenossenschaften verbessern

 

Wenn wir in Bern Gesetze machen, geht es manchmal um lebens- und weltanschauliche Dinge. Zum Beispiel wenn wir beschliessen, dass Menschen der dritten Generation, die hier geboren sind, erleichtert eingebürgert werden sollen. Oder wenn wir uns überlegen, wie das Eherecht einer sich veränderten Gesellschaft angepasst werden soll und gleichgeschlechtliche Paare anderen Paaren gleichgestellt werden sollen. Erinnern Sie sich noch an die letzte grosse Eherechtsrevision in den 80er Jahren? Damals durften Frauen keinen Kühlschrank kaufen, keinen Mietvertrag unterschreiben und keine Arbeit annehmen ohne die schriftliche Genehmigung des Ehegatten. Heute ist das unvorstellbar. Gesellschaftliche Normen ändern sich und mit ihnen die Gesetze.

 

Viel öfter jedoch machen wir Gesetze, wo es um Geld geht. Um sehr viel Geld. Ökonomische Normen ändern sich nämlich auch. Zum Beispiel hat sich seit knapp zwanzig Jahren etabliert, dass globale Konzerne Steuervermeidung als Geschäftsmodell betreiben. Weniger Steuern ist gleichbedeutend mit mehr Gewinnen – ganz leistungsfrei. Diesen geänderten Gepflogenheiten entsprechend, haben wir in drei  Unternehmenssteuerreform-Wellen  die Gesetze angepasst: Mannigfache Instrumente,  wie Konzerne Steuern vermeiden können, wurden erlaubt. Das Ergebnis ist, dass der Mittelstand eins zu eins die Gewinne der Konzerne subventioniert. Nur sagt man das natürlich nicht so. Sondern man sagt, das sei zur Sicherung der Arbeitsplätze, es würde mehr investiert und das würde allen Nutzen bringen.

 

Immer wenn es um viel Geld geht, sind die Lobbyisten da. Sie wissen ja, nach dem ich die «Lex Koller» vor der Abschaffung bewahrte, will ich sie wieder verschärfen. Eigentum an Boden und Immobilien sollten denjenigen Menschen vorbehalten sein, die hier leben und wirtschaften. Das will eine mächtige Lobby verhindern – eine Lobby, die sich «Allianz für eine moderne Lex Koller» nennt. Dazu hat man eigens den «Verband der Immobilien-Investoren» gegründet. Seit 2005 dürfen ausländische Anleger sich indirekt an unserem Wohneigentum beteiligen – via börsenkotierte Immobiliengesellschaften. So flossen Milliarden an ausländischem Geld in unseren Immobilienmarkt und verdrängen so die einheimischen Wohnbauträger.

 

Letzte Session in Bern lud der Verband der Immobilien-Investoren wieder einmal die Parlamentarier zu einem Mittagessen ein, an dem uns erklärt wurde, dass die Verschärfung der Lex Koller böse sei. Ausländisches Kapital von Blackrock, J. P. Morgan, Parisbas und sonstigen Investmentbanken sei lieb. Es würde so mehr in den Immobilienmarkt investiert und mehr gebaut. Verschwiegen wurde natürlich, dass unser Immobilienmarkt nicht an zu wenig, sondern an zu viel Kapital leidet. Unsere Pensionskassen und Genossenschaften buhlen jetzt schon um Grundstücke. Je mehr Kapital sich um die gleichen knappen Gebiete balgt, desto teurer werden sie, desto höher die Mieten und desto kleiner die Renditen. So ist es logisch, dass sich mit der Aufweichung der Lex Koller die Rahmenbedingungen für die Expansion von genossenschaftlichen Wohnbauträgern deutlich verschlechtert haben. Denn das grosse Problem ist heute, überhaupt an zahlbares Land zu kommen.

 

Die Genossenschaften gehören zu den grössten Immobilieninvestoren in der Schweiz. Die Bevölkerung fordert überall im Land deren Expansion, was sich an den vielen gewonnenen Volksabstimmungen  in Gemeinden und Kantonen zeigt. Für diese Expansion aber sind gute Rahmenbedingungen notwendig. Die Verschärfung der «Lex Koller» ist eine nicht ganz unwichtige davon. Denn ökonomische Gepflogenheiten ändern sich, und mit ihnen die Gesetze. Und diese wollen wir zu Gunsten des genossenschaftlichen Wohnens ändern, nicht zu deren Schaden.