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Kolumne #Korrigendum – Diese Mietrechtsänderungen sind unverschämt und gefährlich

Kolumne: Badrans #Korrigendum
publiziert in der Sonntagszeitung vom 27.10.2024

Diese Mietrechts­änderungen sind unverschämt

«Für die Untermiete muss man jetzt schon das Einverständnis des Vermieters einholen»: Wohnungen in Ebikon LU.

 

Stellen Sie sich vor, Sie gehören zu den Tausenden von Seniorinnen und Familien, die nach einem Todesfall oder einer Trennung Untermieter brauchen, damit Sie ihr Zuhause weiterhin zahlen und behalten können. Ich meine das Zuhause, das zu hundert Prozent von Ihnen finanziert wird: jeglichen denkbaren Unterhalt, jede Wertsteigerung, sogar die Anpassung des Eigenkapitals der Vermieter an die Teuerung. Hinzu kommt eine meist übersetzte Rendite, die Sie finanzieren – im Schnitt 370 Franken – Monat für Monat. Neu soll der Vermieter Ihnen jetzt sagen können, Sie dürften höchstens für zwei Jahre untervermieten. Sie denken, dafür finde ich aber niemanden. Korrekt, das ist auch Sinn und Zweck der Übung. Sie sollen gehen, denn nur bei einem Mieterwechsel können die Vermieter die Miete grundlos erhöhen. Das ist zwar gesetzeswidrig. Das hat aber die Immobilienlobby in den letzten Jahrzehnten auch nicht gekümmert. Irgendwoher kommt ja die wissenschaftlich erwiesene Tatsache, dass die Mietenden über 10 Milliarden zu viel an Miete bezahlen.

Jetzt stellen Sie sich vor, Sie oder Ihre Kinder oder Freunde haben eine Wohngemeinschaft. Jemand zieht aus, und eine neue Person kommt. Sie vergessen, dies dem Vermieter zu melden (obwohl Sie das jetzt schon müssten). Neu soll einem ausserordentlich (!) gekündigt werden, wenn Sie das nicht schriftlich – also mit ausgedrucktem Brief und Originalunterschrift – melden. Ein E-Mail reicht nicht mehr. Sie können dann innert 30 Tagen auf der Strasse stehen. Genauso, wie wenn Sie die Miete nicht bezahlt haben oder die Wohnung verschandeln.

Sie müssen für die Untermiete jetzt schon das Einverständnis des Vermieters einholen. Er kann Ihnen das verweigern, wenn Sie sich weigern, ihm die vollständigen Angaben der Untermiete mitzuteilen, wenn Sie monetäre Gewinne mit der Untermiete machen, wenn dem Vermieter Nachteile entstehen, wie beispielsweise übermässige Belastung der Wohnung oder Lärm. Die Untermiete via Plattformen wie Airbnb kann er jetzt schon untersagen. Dazu braucht es diese Gesetzesänderung nicht, auch wenn das die Befürworter behaupten. Neu kann die Untermiete verweigert werden, wenn sie länger als zwei Jahre dauert und aus anderen noch nicht definierten Gründen, denn sie haben den Trick mit «insbesondere» bei den Verweigerungsgründen gemacht.

Jetzt stellen Sie sich zusätzlich vor, Sie gehörten zu den Hunderttausenden Selbstständigen im Land: beispielsweise Physiotherapeutinnen, Architekten, Grafikerinnen, Anwälte, Yogalehrer. Fast alle diese haben Büro- und Praxisgemeinschaften und sind in Untermietverhältnissen organisiert. Was selbstredend nicht funktioniert, wenn die Untermiete auf 2 Jahre beschränkt wird. Alle wären künftig von den Gnaden der Vermieter abhängig.

Schutz vor Rachekündigungen würde vermindert

Die Immobilieneigentümer-Lobby sagt, das bringe mehr Rechtssicherheit, auch für die Mieter. Aha, man führt ein «insbesondere» bei den Verweigerungsgründen ein, gibt dem Vermieter das Recht, über die Dauer einer Untermiete zu entscheiden, was bedeutet: Ein Untermieter weiss nie, ob er bleiben darf, und es ermöglicht die ausserordentliche Kündigung innert 30 Tagen wegen eines Formfehlers. Die Lobby nennt das mehr Rechtssicherheit, obwohl das Gegenteil der Fall ist? Wie hinterlistig ist denn das?

Wir haben im europäischen Vergleich bereits jetzt den schwächsten Mieterschutz in einem Vertragsverhältnis, wo die Vermieter ohnehin am viel längeren Hebel sind. Diese Gesetzesänderungen sind nicht nur unnötig, sondern unverschämt und gefährlich. Hey Leute, das Gesetz heisst schliesslich nicht Vermieterrecht, sondern Mietrecht.