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Kongresshaus-Finanzierung im PPP – inakzeptabel

April 2007 – erschienen in gekürzter Version im P.S.
Völlig inakzeptabel
«Public Private Partnerships» – öffentlich-private Partnerschaften – können durchaussinnvoll sein; zur Finanzierung des Kongresshauses ist dieses Modell – im Gegensatz zu dessen Betrieb – völlig untauglich und kommt einer Subventionierung privater Gewinne gleich.
Public Private Partnerships (PPP) wird heute als moderner Ansatz zur öffentlichen Aufgabenerfüllung umschrieben. Dabei geht es um die Mobilisierung privaten Kapitals und Fachwissen zur Erfüllung staatlicher Aufgaben. Man geht davon aus, dass die Leistung wesentlich effizienter und wirksamer erbracht werden kann, als wenn der Staat alleine produziert, denn ihm fehle naturgemäss das Kosten- und Leistungsbewusstsein. Internationale Studien zeigen auf, dass Effizienzgewinne bis zu 20 % möglich sind.
PPP als Gewähr staatlicher Leistung?
Nun ist dies – ganz besonders in der Schweiz – gar nichts Neues. Öffentlich-private Kooperationen haben eine vielfältige und lange Tradition. Man denke hierbei an konzessionierte Unternehmen wie die Privatbahnen, Energieversorgung, die gesamte Landwirtschaft, Spitex, kommunale Entsorgung, Kinderkrippen, Kulturinstitutionen aller Art. Zudem gibt es unzählige gemeinnützige Vereine und Stiftungen, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen. Argumentiert wird vor allem damit, dass mit PPP eine messbare Festlegung des Leistungsniveaus möglich wird und nicht bloss die zur Verfügung gestellten Ressourcen definiert werden. Dabei wird völlig ausser Acht gelassen, dass viele subventionierte private Leistungsträger über Leistungsverträge geführt und finanziert werden. Bei allen Abgrenzungsschwierigkeiten sind PPP grundsätzlich weder schlecht noch gut, sondern fallweise für die erwünschten Leistungen pragmatisch zu prüfen. Das Interesse an PPP ist seitens der Privatwirtschaft gross. Private Firmen können sich so neue Märkte erschliessen von denen sie heute völlig ausgeschlossen sind. So werden heutzutage (im Ausland) Schulhäuser, Gefängnisse, Brücken etc. geplant, finanziert, gebaut und betrieben. Ein Milliardenmarkt.
Unpassendes Kongresshaus-Konstrukt
Die Finanzierung und der Betrieb des neuen Kongresshauses soll nun auch in einer PPP organisiert werden. Dabei wurde im Vorfeld von der PPP ZürichForum AG, die das Kongresshaus plant, eine Rendite auf das Kapital von 6,2% festgelegt. Zu den potenziellen Gewinnen pro Quadratmeter, die bei einem Objekt dieser Grösse und Lage zu erzielen sind, stützt man sich auf Erfahrungswerte anderer vergleichbarer Kongresshäuser. Damit wurde die maximale Investitionssumme von rund 240 Millionen Franken der privaten Investoren berechnet, mit dem obige Rendite erzielt werden soll. Der Bau kostet aber gemäss der heutigen Schätzung 380 Millionen Franken. Der Rest, also 140 Millionen Franken, soll durch die Stadt Zürich in Form eines A-fonds-perdu-Beitrags – also ohne Rendite – investiert werden. Da staunt man doch und fragt sich so manches.
Zentrale Frage ist, wieso die Stadt Zürich private Investoren braucht. Bekanntermassen bekommt die öffentliche Hand wegen ihrer ausgezeichneten Bonität viel günstigere Kredite als Private. Typischerweise geht man PPP deshalb keinesfalls für reine Finanzierungen ein. Das Argument, dass dann weniger staatliches Kapital gebunden ist, besticht nicht. Denn auf diesem Kapital lässt sich eine monetäre Rendite erzielen und damit werden die Kapitalkosten (Zinsen) durch Erträge gedeckt – anders als bei sonstigen staatlichen Investitionen wie Strassen oder Schulhäuser. Deshalb wird die Nettozinsbelastung in der Rechnung der Stadt Zürich nicht tangiert und einzig auf diese kommt es an.
Keinerlei geteiltes Risiko
Ebenso dubios ist das Argument, dass die Stadt das Risiko nicht alleine übernehmen muss. Wie sichert sich die Stadt denn gegen eine implizite oder explizite Defizitgarantie ab? Beim Hallenstadion – auch eine PPP – musste die Stadt für eine Beteiligung von nur 34% fast die ganzen Sanierungskosten übernehmen, da Rückstellungen für den Umbau völlig fehlten und die privaten Haupteigentümer nicht das Kapital für die Sanierung aufbrachten. Die wenigen privaten Mehrheitsaktionäre können nun Dank unglaublich tiefen Kapitalkosten eine nette Rendite erwirtschaften. In der Stadt Luzern musste die öffentliche Hand das KKL Luzern rund 5 Jahre nach der Eröffnung «die strukturelle Entlastung und betriebliche Stabilisierung» mit weiteren 18 Millionen Franken bezahlen. Im Klartext: Die Stadt musste für den PPP-Betreiberverein die Kapitalkosten senken. Sonst wäre das KKL Konkurs gegangen.
Auch hier beim Kongresshaus muss die Stadt neben dem renditelosen Einmalbeitrag von 140 Millionen noch die Restschulden der Kongresshaus-Stiftung aus der Kongresshaussanierung nach 1982 und weitere Schulden (angeblich 56 Millionen Franken) übernehmen, also nachträglich die Risiken tragen. Die Stadt müsste also im Minimum 200 Millionen Frankenfinanzieren, was ihr jährlich rund 7 Millionen Franken an Kapitalkosten aufbürdet. Was passiert, wenn die Baukosten überschritten werden? Die Privaten haben wegen der Renditesetzung ihr Investitionsmaximum festgelegt. Die Stadt müsste demnach einspringen. Was geschieht, wenn das Kongresshaus nicht rentiert oder nicht einmal die Kosten deckt? Nie und nimmer würde die Stadt das Kongresshaus in den Konkurs gehen lassen. Wie kann man
da von geteiltem Risiko sprechen?
Es gibt keine guten Gründe
Ein weiterer Grund für ein PPP könnte der Mangel an Fachkompetenz der Stadt Zürich sein, die durch die Private kompensiert werden müsste. Diese Behauptung kann nicht ernst genommen werden, ist doch die Stadt mit Abstand die grösste Bauherrin weit und breit und hat einen riesigen Erfahrungsschatz in Planung und Bau von komplexen Grossprojekten, die ihresgleichen suchen. Es gibt keine guten Gründe, für das neue Kongresshaus eine PPP zu wählen. Es gibt jedoch viele Gründe dagegen. Erstens kommt dieses Konstrukt der Subventionierung privater Gewinne gleich, ein inakzeptabler Verwendungszweck von Steuergeldern. Zweitens vergibt sich die Stadt die Möglichkeit, ihre Kapitalkosten zu decken, indem sie die gesamten Investitionen übernimmt – also auch den ‘rentierenden’ Teil. Sie zahlt lieber rund 7 Mio Franken jährlich an Kapitalkosten, statt null Franken oder gar einen kleinen Ertrag zu erzielen. Ein plakatives Beispiel für das Wort «Gewinne Privat, Verluste dem Staat». Drittens hat sie mit einer Minderheitsbeteiligung zu wenig zu sagen, wird aber im Notfall doch das Risiko übernehmen. Viertens umgeht die Stadt mit ihrer Minderheitsbeteiligung die Pflicht zur öffentlichen Ausschreibung. Die 75 GemeinderätInnen, die eine Anfrage zur Kongresshausfinanzierung unterschrieben, warten deshalb alle gespannt auf die Antwort des Stadtrates.