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Bekenntnisse einer Unternehmerin

Vor knapp zwei Wochen hat der Gewerbeverband des Kantons Zürich eine Empfehlungen für die Nationalratswahlen herausgegeben. Obwohl ich selbstverständlich Mitglied bin, gehöre ich nicht dazu.

Es werden viele Selbständige, die keine Angestellten haben empfohlen und Angestellte.
So viel ich weiss, bin ich die „drittgrösste“ (Umsatz, Mitarbeitende) Unternehmerin auf allen Listen zusammen, da fragt man sich schon einiges.

Die Antwort ist naheliegend: das falsche Parteibuch.
In den Wahlen outet man sich – und für viele ist es mehr als suspekt, dass ich in der SP bin. Man scheint dem Streben nach Gerechtigkeit und das führen eines KMU in der Marktwirtschaft als unvereinbar wahrzunehmen.

Ist die SP tatsächlich so gewerbefeindlich, sodass dies gerechtfertigt wäre?

Heterogene KMU-Landschaft
Über was das Gewerbe überhaupt ist und was demzufolge gewerbefreundlich ist, kann man sich mit Fug und Recht streiten. Fakt ist: Das Gewerbe ist kein homogenes Gebilde, eben so wenig wie es die „Wirtschaft“ als solches nicht gibt. Ein Metzger hat völlig andere Probleme als eine Dienstleisterin, ein Schreiner wiederum andere als das Gastgewerbe.
So zu tun, wie wenn alles homogen wäre, ist genau so falsch, wie zu behaupten nur die Politik der SVP oder FDP seien gewerbefreundlich.

Ich zum Beispiel leide an sogenannt bürokratischen Vorschriften des Staates überhaupt nicht. Ein Beizer, mit den vielen arbeitsrechtlichen, hygienetechnischen Vorschriften aber schon.

(Wo meine Probleme liegen habe ich hier in einem Artikel im KMU-Manager beschrieben: Stadtzürcher Gewerbe: Ob links, ob rechts – alle für die KMU?)

Für mich beispielsweise sind die hohen Mieten in Zürich ein Problem, da ich meinen Mitarbeitenden, will ich eine hohe Verfügbarkeit und nicht viele Pendlerzeiten meiner Mitarbeitenden in Kauf nehmen, rund 12.000 Fr. pro Jahr und Person mehr zahlen muss, als mein Konkurrent in beispielsweise Bern.

Mehr Strassen im Kanton (für weit über 20 Milliarden), wie das der Gewerbeverband will, bringen mir als Unternehmerin gar nichts. Aber vielleicht dem Laden mit Kundenverkehr.

Links-Rechts Schema verfehlt
Ich empfinde meine Politik als sehr gewerbefreundlich; aber ich wiess, dass dies alles eine Frage der Perspektive ist. Diese verschiedenen Perspektiven und Argumente gehören einbezogen und gegeneinander abgewogen. Das Links-Rechts-Schema ist in unserer Dienstleistungsgesellschaft in der Gewerbepolitik überholt und verfehlt seine Wirkung.

Konkordanz als Erfolgsmodell

Wir haben in der Schweiz eine Konkordanz-Demokratie. Das heisst, dass alle wichtigen Kräfte in diesem Land eingebunden werden. Das ist das absolute Erfolgsmodell der Schweiz und bringt in einem Prozess von Rede und Widerrede teilweise hervorragende Konsenslösungen hervor, die alle mittragen können.

Ich finde es sehr bedauerlich, dass sich der Gewerbeverband nicht als parteiübergreifend versteht. Und ich vermisse ein klares Bekenntnis zur Konkordanz, die ich als Politikerin und als Geschäftsführerein in meinem Unternehmen Tag für Tag lebe.

Die gehässige und trennende Stimmung, die wir zur Zeit in der Politik erleben wird der Schweiz sehr sehr schaden; und ganz sicher ist sie nicht KMU-freundlich.