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Beschränkung Wohnfläche pro Person? Keine gute Idee.

Wohnflächenlimiten pro Person als taugliches Wohnpolitisches Mittel? Keine gute Idee.

Beispiellose Kampagne der Immobilienlobby

Die Immobilienlobby führt eine beispiellose Kampagne (hier nachzulesen:https://badran.ch/2023/03/20/wohnungsnot-auch-die-besonders-schlauen-journalsiten-fallen-darauf-rein-korrigendum/ ) Aufhänger ist die gesunkene Leerwohnungsziffer und die rückläufige Menge an Baugesuchen. (Einziger Grund dafür: Die gestiegenen Zinsen, sprich Kapitalkosten; Bis 2020 wurde unter identischen Bedingungen gebaut wie verrükt; in der Tiefzinsphase ab 2008 hat sich die Leerwohnungsziffer auf Rekordhöhe verdoppelt!)

Wohnungsnot? Nein Systemkriese!

Die Medien überboten sich mit Artikeln zu den Massnahmen und schrien „Wohnungsnot“. Man müsse nun Derregulieren, die Bau und Zonenordnungen anpassen, die Baubewilligungen vereinfachen und die Klagemöglichkeiten einschränken. All das sei nebst der Zuwanderung und des gestiegenen Wohnflächenverbrauchs pro Person schuld an den hohen Mieten. Dass das alles kompletter Unsinn ist habe ich schon mehrfach beschrieben, so auch beispielsweise hier: https://mietenundwohnen.ch/wohnungsnot-systemkrise/

Auch der Mieterverband nahm Stellung zu dieser abstrusen Behauptungen: https://www.mieterverband.ch/mv/politik-positionen/news/medienmitteilungen/2023/Mieterinnen-und-Mieter-unter-Druck.html

 

Folgenloser runder Tisch

In der Folge hat der zuständige Bundesrat Parmelin einen runden Tisch. Bisher sah er tatenlos zu, wie die Mieten in den letzten 16 Jahren unaufhörlich gestiegen sind, obwohl sie hätten drastisch sinken sollen und nun jährlich um 10,5 Milliarden Franken zu hoch sind. Wenn man nichts tun will macht man runde Tische, um den Leuten zu signalisieren, ich tue ja was. Wie wenn nicht völlig klar wäre, was zu tun ist: 1. Mietrecht (Kostenmieten mit gedeckelter Rendite) durchsetzen. 2. Massive Expansion des gemeinnützigen Wohnbaus. Aber das verhindert die rechte Mehrheit seit Jahr und Tag unterstützt von Bundesrat Parmelin, der diesen volkswirtschaftlichen Supergau rührungslos zulässt.

Zu diesem runden Tisch hat der Mieterverband auf die Schnelle ein internes Arbeitspapier erarbeitet mit rund 12 Forderungen. Dieses Papier gelangte an die Medien, die sich natürlich (wie immer bei solchen Papieren) auf die eine besonders brisante Forderung stürzten: bei Neuvermietungen seien Wohnflächenlimiten pro Person festzulegen. (Im Visier hatte die Autorenschaft die immer häufiger angebotenen riesigen Luxuswohnungen, die meist von einem Paar alleine bewohnt werden).

Diese Forderung ist natürlich grober Unfug. Erstens sind solche Luxuswohnungen (die oft auch als Zweiwohnung genutzt werden) zwar ärgerlich wenn sie normalen Wohnraum verdrängen, aber nicht das grosse Problem. Zudem wäre so etwas ohne riesigen bürokratoischen Kontrollaufwand gar nicht durchsetzbar, geschweige denn, dass so eine Forderung je mehrheitsfähig wäre.

Vor allem aber sind Belegungsvorschriften und Wohnflächenlimiten – sei es über staatliche Vorschriften oder über die Faktizität des Marktes erwirkt – falsch. Denn sie sind verbesserungsfeindlich.

Belegungsvorschriften sind verbesserungsfeindlich

Die meisten Wohnbaugenossenschaften kennen in ihren Statuten Begelungsvorschriften. Diese haben historische Wurzeln. Haben in den Anfängen vor 120 Jahren – als man noch von Tür zu Tür ging und „Zwänzgerli“ als genossenschaftlichen Anteilsschein einzog (Zwänzgerli-Verein) – doch Tausende von Menschen mehr Genossenschafts-Anteilssscheine gekauft als Wohnungen dafür gebaut werden konnten. So wollte man möglichst vielen eine Wohnung ermöglichen – damals die einzige Möglichkeit, um den „Wucherzinsen“ und wohnhygienischen Missständen zu entkommen.

(Viele glauben – und so kolportoieren es die ahnungslosen Journalsiten immer wieder – die Belegungsvorschriften würden von den Genossenschaften eingefordert, weil sie indierkt subventioniert seien. Sind sie aber nicht: Baugenossenschaftliche Baurechte sind äussserst lukrativ für die Gemeinwesen und Baugenossenschaften sind private Veranstaltungen, denen man gar nichts vorschreiben kann (ausser bei den effektiv subventionierten Wohnungen)).

In wohnpolitischen Insiderkreisen, sind so denn Belegungsvorschriften und Einkommenslimiten hoch umstritten. Ich gehöre zur Fraktion, die sich vehement dagegen wehrt. Denn das eine wie das andere ist verbesserungsfeindlich. Man stelle sich vor die Kinder sind ausgezogen und endlich kann die Mutter ein Yogazimmer kombiniert mit ihrem Büro einrichten – sich also verbessern. Die Alternative wäre, sie aus ihrem Zuhause zu verdrängen und in eine kleinere Wohnung zu zwingen. Für mich eine Alptraumvorstellung. Natürlich spricht nichts gegen einen Wohnungstausch innerhalb der Genossenschaften. Es ist löblich, dass man neuen Raum schafft für junge Familien. Aber Zwang? Nein, das geht nicht. Denn das kommt einer krassen Ungleichbehandlung von Menschen gleich. Leute, die im selbstbbewohnten Eigentum leben, haben keine Beleungsvorschriften und Leute, die im kollektiven Wohneigentum – also Wohngenossenschaften – wohnen schon? Es obliegt den einzelnen privaten Genossenschaften gemeinsam zu bestimmen und in ihren Statuten festzulegen , ob sie das wollen oder nicht. Aber sicher nicht dem Staat.

Ich selber habe bis ich 14 war im gleichen Zimmer wie meine Mutter geschlafen – und nein es hat mir ganz und gar nicht geschadet. Trotzdem habe ich mich über mein eigenes Zimmerlein gefreut, das ich mit 15 bekommen habe. Danach habe ich bis ich 46 Jahre alt war immer und ausschliesslich in Wohngemeinschaften gewohnt. Ich hatte also mein Bett, mein Büro, meine Sachen immer in nur einem Zimmer, das nie über 20 m2 gross war. Als ich 44 war und bereits seit 4 Jahren im Gemeinderat der Stadt Zürich zog ein Mitbewohner aus unserer Vierer-WG aus. Ich konnte es mir zu der Zeit knapp leisten, das Zimmer zu mieten und  mein eigenes kleines Büro auf 12 m2 einzurichten. Die unendlich vielen Papierunterlagen des Gemeinderats konnte ich endlich fein säuberlich in alten Kantons-Möbeln mit Schiebetüren verstauen. Jedesmal wenn ich nach Hause kam, war es wie Weihnachten und Geburtstag zusammen  und ich freute mich wie ein kleines Kind. So sah echte Verbesserung meines Alltags-Lebens aus.

Es ist sicher diese Erfahrung, die mich gegenüber Belegungsvorschiften negativ reagieren lässt. Aber auch die Tatsache, dass man im Zusammenhang mit der „Verdichtungs-Debatte“ ohne zu zögern, die Superreichen mit ihren 400 m2 Zweitwohnungen nie in die Pflicht nimmt und den normalverdienenden Menschen gleichzeitig sagt: Rückt doch alle ein wenig zusammen, wir müssen verdichten und ihr mit eurem gestiegenen Wohnflächenverbruach seid Schuld an den teuren Mieten. (Nein, sind sie nicht, denn die Preise pro Quadratmeter sind extrem gestiegen.)

Mit 46 konnte ich aus purem Zufall und mit grossem Glück zwei kleine unrennovierte Altbauwohnungen in Zürich kaufen und zusammenlegen. Jetzt lebe ich mit meinem Lieblingsmenschen auf über 150 m2. Luxus pur für mich. Wir beide haben je ein Büro (er ist selbstständiger Buchhalter und hat sein Büro zuhause) und so kann ich mein Parlamentsbüro streng abgrenzen von meinem Büro in meinem Unternehmen. Während ich früher immer zu wenig Platz hatte, habe ich jetzt etwas zu viel. Und wenn ich pensioniert werde, mache ich aus meiner 5,5 Zimmerwohnung wieder eine Wohngemeinschaft. Weil alles andere kann ich mit mit meiner Rente gar nicht leisten.

So gesehen müsste man den Lebens Wohnraum-Verbrauch als mass der Dinge nehmen. Lebenssituationen ändern sich, Bedürfnisse ändern sich. Und das spigelt sich auch im Wohnraumverbrauch. Dies gesetzlich einzuschränken beraubt den Menschen die Möglichkeit sich zu verändern und zu verbessern, nimmt ihnen Perspektiven und Optionen. Und das beim privatesten aller Güterklassen: dem Wohnen, dem zu Hause der Menschen.